zu erledigen bis: 40. KW (Freitag)
Arbeitsanweisungen:
M1: Die Bedürfnispyramide nach Maslow
M2: Plötzlich arm - wie gehe ich damit um?
In "plötzlich arm" schildert Jeannette Villachica sehr anschaulich, was es bedeutet, von einem Moment auf den anderen ohne Geld dazustehen. Sie schreibt, dass dies ein Schicksal sei, das
zunehmend auch gut situierte Frauen aus der Mittelschicht treffe. "Viele versuchen, ihre Not so lange wie möglich vor der Außenwelt zu verbergen, und geraten so in eine seelische Abwärtsspirale
aus Einsamkeit und Scham
Früher hatte Carmen Schneider ein schönes Haus mit großem Garten, mit Pool und Spielgeräten für die Kinder. Und einen Mann, der zuletzt 9000 Euro brutto verdiente. „Die Rate fürs Haus betrug 1000
Euro, da blieben rund 5000 zum Leben“, erzählt die 43-Jährige [...]. Sie hat dunkle Augenringe, ist ungeschminkt. Für Make-up reicht ihr Geld schon lange nicht mehr. Die weiße Hose und den weißen
Schal hat sie sich von ihrer Tochter geliehen. „Meine Große meckert dann zwar ein bisschen, aber sie schämt sich noch mehr, wenn ich mit meinen alten Kleidern rausgehe.“ Seit ihrer Scheidung ist
nur ab und zu etwas Neues zum Anziehen für die Töchter drin, weil sie viermal pro Woche Nachhilfe geben; die Ältere hilft zusätzlich in einer Bäckerei. Wenn ihr Vater nicht dauernd untertauchen
und den Unterhalt regelmäßig überweisen würde, müssten sie nicht so viel arbeiten. Dann würden sie auch nicht in einer maroden Wohnung leben. [...]. „An dem Tag, an dem ich Hartz IV beantragt
habe, hat meine Älteste ihre Sachen gepackt und wollte ausziehen“, sagt Carmen Schneider. Ihr Gesicht zeigt keine Regung, ihre Stimme bebt leicht. „Sie hat solche Angst, dass in der Schule
bekannt wird, wie es uns wirklich geht.“
[...] Wenn Carmen Schneider an ihr Leben in der Ehe zurückdenkt, vermisst sie am meisten das Sicherheitsgefühl und die Unbeschwertheit. „Dass man mal essen gehen kann oder nicht nur Billig-Käse
kaufen muss.“ [...] Sie ist durch ihre Not unsicher und verschlossen geworden, die Gesundheit der ganzen Familie litt. [...]
Carmen Schneider hatte ihr Lehramtsstudium unterbrochen, als die Kinder kamen. Später half sie ab und zu im Kindergarten aus. Die finanzielle Abhängigkeit von ihrem Mann machte ihr nichts aus.
Sie verwaltete das Einkommen und fühlte sich in ihrer dörflichen Gemeinschaft mit der Erziehungs- und Hausarbeit erfüllt und anerkannt. [...]
Frauen aus der Mittelschicht gelingt es häufig erstaunlich lange, den Schein zu wahren. [...] Sie wissen, wie man sich unter ihresgleichen bewegt und ausdrückt, sie interessieren sich weiterhin
für Literatur, Kunst, gesunde Ernährung und Reisen. Allerdings können sie sich früher oder später kaum mehr etwas davon leisten. Die Gesprächsthemen schwinden und das ständige Rechnen, Verzichten
und Improvisieren zehrt an ihrem Selbstwertgefühl. Viele Frauen gehen kaum noch raus und ernähren sich schlechter. Ihre Gesichtsfarbe wird fahl, Haltung und Figur ändern sich vielleicht. Wer
nicht sehr stark ist und nicht von seinem Umfeld aufgefangen wird, dem sieht man die Armut nach ein paar Jahren an. [...]
Auch für Angehörige ist es nicht immer einfach, der Realität ins Auge zu blicken. Carmen Schneiders Mutter war immer gern berufstätig und sagt ihrer Tochter, sie solle sich zusammenreißen und
endlich wieder arbeiten. „Dass es kaum mehr versicherungspflichtige Stellen für Leute wie mich gibt, das will sie nicht hören“, bedauert Carmen Schneider. Ihr würde es schon helfen, wenn ihre
„ziemlich wohlhabenden“ Eltern ein bisschen Mitgefühl zeigen und ihren Töchtern ab und zu ein Taschengeld zustecken würden. Die 17- und 18-jährigen Gymnasiastinnen arbeiten schon jetzt hart an
ihrer Karriere. Carmen Schneider findet, vor allem die Ältere setze sich zu sehr unter Druck. „Sie hat einen Schnitt von 1,7 und glaubt, sie müsse noch besser werden, um später etwas damit
anfangen zu können.“"
Armut ist also ein Phänomen, das sich immer weiter in unserer Gesellschaft ausbreitet und das neben Auswirkungen auf die Grundbedürfnisse auch Auswirkungen auf viele weiteren Lebensbereiche der Betroffenen Menschen hat.
(Zitate aus: Brigitte Woman, Heft 10/2010)
und zum Schluss was zum Lachen. Oder wenigstens zum Grinsen....