exercises due: calendar week 23 (Wednesday)
And yes... that's AFTER the holidays...
Instructions:
A. German Welfare State
That's it ;)
Oh.... Alondra, it's your turn to remind me to check the homework. And you know what happens, in case you "forget" it :D
M1: Probleme und Zukunftsperspektiven des Sozialstaates
Diese Analyse des Tübinger Politikwissenschaftlers Josef Schmid ist zwar nun bereits vier Jahre alt, hat allerdings von ihrer Aktualität nichts eingebüßt. Schmid baut seine Analyse entlang fünf
Faktoren auf, die er grob in zwei Bereiche (interne - also aus dem Sozialstaat selbst hervorgegangene; externe Faktoren) unterteilt. "Dazu gehören
Der demografische Wandel
Der demographische Wandel [...] gehört zu den früh prognostizierten Veränderungen der gegenwärtigen Gesellschaft. Im Jahr 2002 hat die vom Deutschen Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission
"Demographischer Wandel" nach dreijähriger Arbeit eine umfassende Analyse der demografischen Veränderungen (mit Modellrechnungen bis zum Jahr 2050) und ihrer Folgen für das Gefüge des
Sozialstaates vorgelegt. Dabei ist grundsätzlich von folgenden vier miteinander verknüpften Trends auszugehen:
Die Alterung der Gesellschaft – eine Herausforderung für den Sozialstaat
Diese demografische Herausforderung wirkt sich auf einschneidende Weise in den verschiedenen Bereichen des Sozialstaates aus.
Die soziokulturellen Herausforderungen
Die soziokulturellen Herausforderungen beruhen vor allem auf der drastischen Veränderung der Familienstrukturen und kleinräumigen Gemeinschaften, die sich mit Pluralisierung und »Individualisierung« kennzeichnen lässt. [...] Auch die normativen Fundamente des
Wohlfahrtsstaates, die auf Solidaritätsbereitschaft, Gerechtigkeitssinn und Gemeinwohlorientierung gebaut sind, scheinen ins Wanken zu geraten (so Kaufmann 1997). Die Diskussion um das
mittlerweile auch schon in der Mittelschicht zum Kampfbegriff mutierte Stichwort der sozialen Gerechtigkeit weist auf zunehmende Verteilungskonflikte und einen gleichzeitig anscheinend
abnehmenden Gemeinsinn hin (vgl. Vogel 2009 und die Beiträge in: Aus Politik und Zeitgeschichte 47/2009).
Die Benachteiligung von Frauen
Seit den 70er-Jahren nimmt zudem eine Kritik gegenüber dem deutschen Sozialstaat zu, welche auf die Benachteiligung von Frauen und die Auswirkungen auf das Geschlechterverhältnis zielt.
Letztendlich fehlen in Deutschland eine ausreichende öffentliche Infrastruktur (zum Beispiel Kindergartenplätze) und entsprechende Arbeitsplätze für Frauen. Dieses Defizit wird umso dringender,
je mehr Frauen infolge der erwähnten Veränderungen der Sozial- und Wertestrukturen (Individualisierung, Pluralisierung, Wandel der Familie) auf den Arbeitsmarkt drängen und dort aus
demografischen Gründen auch gebraucht werden. Diese Entwicklung wurde forciert durch die Wiedervereinigung aufgrund der höheren Erwerbsquote und Erwerbsbereitschaft von Frauen in Ostdeutschland.
Diese soziokulturellen Veränderungen stehen in einem engen Zusammenhang mit dem, was als neue soziale Risiken der postindustriellen Gesellschaften thematisiert wird. Hier geht es nicht mehr um
den klassischen Arbeiter, sondern um alleinerziehende Mütter, Bildungsungleichheit und Migration.
Die politischen und ökonomischen Herausforderungen
Zu all dem kommen als politisch-ökonomische Besonderheit in Deutschland die Folgelasten der deutschen Wiedervereinigung hinzu. Sie umfassen umfangreiche Transferleistungen, die über Steuern und
vor allem Sozialversicherungsbeiträge finanziert sind. Gerade im Hinblick auf die noch immer gravierende wirtschaftliche Struktur- und Wachstumsschwäche in den neuen Bundesländern öffnet sich auf
diese Weise die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben. Zu den strukturellen Problemen können ferner konjunkturelle Krisen hinzutreten, die negative Folgen für den Sozialstaat haben. Erschwerend
kommt hinzu, dass sich die Grenzen sowohl in der Belastbarkeit der Ökonomie als auch in der Wirksamkeit des keynesianischen »deficit-spendings« und der strukturpolitischen Hilfen zeigen. Damit sind dem weiteren Anstieg der Sozialausgaben
(samt entsprechender Transfers von West nach Ost) deutliche Grenzen gesetzt.
Die Globalisierungsfolgen
Die im Zuge der Globalisierung zunehmende Bedeutung transnationaler Beziehungen bringen auch für den traditionell national geregelten Sozialstaat ganz neue ökonomische, politische und rechtliche
Herausforderungen mit sich.
Unter den Begriff der Globalisierung wird eine Vielzahl von Phänomenen gefasst:
Zu den unmittelbar sozialstaatlich relevanten Folgen dieser Entwicklungen gehört der Druck auf die Sozialausgaben, von deren Reduzierung man sich eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit
verspricht. Dieser Druck muss nicht nur zum Abbau von Leistungen führen, er kann auch einen Umbau zum aktivierenden und vorsorgenden Sozialstaat mit positiven Effekten für die Wirtschaft
befördern. Das Verhältnis von Sozialpolitik und Wirtschaft ist zweischneidig; es gibt hemmende wie fördernde Tendenzen. So verbraucht der Sozialstaat Ressourcen, die er über Steuern und Beiträge
dem Wirtschaftsystem entzieht; zugleich stellt er aber via Bildungs- und Gesundheitswesen "gute" Arbeitskräfte zur Verfügung. Auch reduziert er soziale Spannungen und Konflikte zwischen Kapital
und Arbeit (vgl. ausführlich Schmidt 2005: 257 ff.). Weil es zum konservativen Typus des Sozialstaats in Deutschland gehört, dass er hauptsächlich über Beiträge finanziert wird, beeinflussen
Veränderungen in den Beschäftigungs- und Entlohnungssystemen seine Leistungsfähigkeit ganz unmittelbar. So erzeugt die Tatsache, dass mittlerweile ein Niedriglohnsektor und neue Formen der
Selbständigkeit mit geringen Einkommen existieren, neue Armutsrisiken für viele Erwerbstätige und künftige Rentenbezieher (vgl. auch Schmid 2010: 75 ff.).
Die zunehmende Europäisierung
Zu den neuen Rahmenbedingungen des nationalen Sozialstaates gehört die europäische Union, die mit ihren Regulativen und Vorgaben in die Sozialpolitik einwirkt, zugleich aber auch gegen den Druck
der Globalisierung abpuffert (vgl. Kap. 20: Europa). Lange hat die EU ihren Schwerpunkt auf die wirtschaftlichen und bürgerlichen Rechte (vor allem der Freizügigkeit von Arbeitskräften, Waren,
Dienstleistungen und Kapital), und weniger auf die sozialen Ansprüche und Ausgleich gelegt. Die in den Artikeln 136 – 148 des EG-Vertrages festgelegten sozialpolitischen Kompetenzen weisen den
europäischen Behörden – wenn überhaupt – nur eine sekundäre Rolle zu.
Als einen Erfolg des Amsterdamer Vertrages von 1997 beziehungsweise als wichtige politische Neuerung kann daher die Eingliederung des (dem vorherigen Vertrag von Maastricht noch angehängten)
Sozialprotokolls in den Vertrag gewertet werden. Demnach können in folgenden Bereichen Entscheidungen nun mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden:
Die Europäische Sozialagenda
Seit dem Jahr 2000 hat die EU sozialpolitische Leitlinien in Form der Europäischen Sozialagenda aufgestellt und 2008 aktualisiert. [...] [So] hat sich der sozialpolitische Handlungsspielraum der
Kommission erheblich ausgeweitet, und viele Felder wohlfahrtsstaatlicher Politik werden zunehmend durch Regelungen und Rückwirkungen aus Brüssel beeinflusst, dass sogar schon von einer
"Sozialstaatswerdung Europas" die Rede ist (Knelangen 2005).
In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass der Haushalt der Europäischen Union nur einen Bruchteil der Staatsausgaben der Mitgliedsländer ausmacht. Wegen dieser geringen
Mittelausstattung verfolgt die Kommission vor allem die Strategie, die Mitgliedsländer verpflichtende sozialrechtliche (Mindest-)Standards festzulegen, die den EU-Etat nicht belasten. [...]
Perspektiven und mögliche Entwicklungen
Was folgt aus alledem? Der Sozialstaat gehört zu den institutionell, kulturell und mental tief verankerten Elementen der modernen westlichen Gesellschaften; er vermittelt zwischen Demokratie und
Kapitalismus und trägt zur Funktionsfähigkeit fast aller Lebensbereiche und Teilsysteme bei. Dabei muss jede Zeit ihre speziellen sozialstaatlichen Arrangements finden, abhängig von den
jeweiligen ökonomischen, politischen und soziokulturellen Rahmenbedingungen.
[...] Die Lösung liegt daher in vielen Fällen nicht mehr in einem Ausbau der etablierten Leistungen und Interventionsmuster, sondern in ihrer grundlegenden Reform und Ergänzung um neue Elemente –
eben im Umbau (vgl. Frech/Schmid 2004). [...]
Drei mögliche Szenarien der künftigen Entwicklung
[...]
Der Wohlfahrtsstaat als Risikomanager durch Infrastruktur und Aktivierung
Globalisierung und Internationalisierung der Wirtschafts- und Sozialräume reduzieren in diesem Szenario die Relevanz des nationalen Sozialstaates und lassen seine Finanzierungsspielräume
erheblich schrumpfen. Materielle Gleichheit als Leitprinzip sozialer Gerechtigkeit oder gar die Garantie eines hohen Lebensstandards werden abgelöst durch die Prinzipien der Fairness, der
Chancengleichheit und der Grundsicherung. Sozialpolitik wird hier weit verstanden und ist vornehmlich aktivierend und investiv, das heißt sie versteht sich als Infrastrukturpolitik mit dem Ziel,
Benachteiligungen zu minimieren und eine Verwirklichung von Marktchancen via Beschäftigung für alle in Aussicht zu stellen. Kurz: Es wird verstärkt von passiven auf aktive Leistungen umgestellt
(nach dem Motto "fördern und fordern" in der Arbeitsmarktpolitik beziehungsweise dem o. a. Zitat von Esping-Andersen), und das oberste Ziel ist die Integration Aller – also auch Älterer, Frauen
und Behinderter – in den Arbeitsmarkt.
Dominanz des Sozialversicherungsstaates, Spaltung und Ende der Umverteilung
Ein zweites Szenario betont die Stärkung des Versicherungsprinzips und das Zurückdrängen von bedarfsorientierten beziehungsweise beitragsfreien Versorgungsleistungen sowie Zuschüssen aus dem
Bundeshaushalt. Die Umverteilungszumutungen gegenüber den Beitragszahlern werden damit geringer – und das ethisch anspruchslose Äquivalenzprinzip (d. h. Leistungen entsprechen voll den Beiträgen)
beziehungsweise die Beitragsgerechtigkeit reguliert dann den Sozialstaat, dem dann enge Grenzen gesetzt sind. Für Alle außerhalb der sozialpolitischen Normalitätsfiktion (Normalarbeitsverhältnis,
Normalfamilie) und den Standardrisiken bleibt nur die Sozialhilfe. Damit würde eine Spaltung der Sozialen Sicherung eintreten, die eigentlich dem Ziel des Sozialstaats widerspricht.
Abbau des Sozialstaates und Privatisierung der Sozialen Sicherung
Eine dritte Variante läuft darauf hinaus, dass mit der Schwächung der Nationalstaaten auch deren sozialpolitische Aktivitäten reduziert werden. Solidarische Hilfe und Ausgleich gegen die Risiken
des Marktes finden nur noch in kleinformatigen, [...]und zivilgesellschaftlichen Zusammenhängen statt. Der Sozialstaat kann und soll nur noch in besonderen Notlagen unterstützen. Hinzu kommt eine
verstärkte Hinwendung zur privaten Sicherung – aus der sich aber neue Risiken von Unterversorgung und eine erhebliche soziale Ungleichheit entwickeln können.
Diese Szenarien jenseits der aktuellen, konkreten Debatten und Krisendiagnosen stellen die Optionen und Perspektiven der Entwicklung unseres Sozialstaates dar (vgl. dazu ausführlicher Schmid
2010: 497 ff. und die Beiträge in Frech/Schmid 2004)."
(Quelle:http://www.bpb.de/politik/grundfragen/deutsche-verhaeltnisse-eine-sozialkunde/138845/probleme-und-zukunftsperspektiven-des-sozialstaates?p=all)