Zu erledigen bis: Kalenderwoche 51 (Dienstag)


Hintergrundmaterial mit Aufgaben zur selbstständigen Bearbeitung:

  1. Erkläre, wie die Prinzipien des "freien Mandats", der "Indemnität", der Immnuität" und des "Zeugnisverweigerungsrechts" die Abgeordneten unabhänig machen sollen. (M1)
  2. Das "Zeugnisverweigerungsrecht" ist ein Recht, das nicht vielen Berufsgruppen zusteht (u.a. Ärzte, Anwälte und Pfarrer). Erläutere, warum dieses Recht gerade Abgeordneten gegeben wurde. (M1)
  3. Beschreibe die Stellung von Fraktionen in der parlamentarischen Arbeit. (M2)
  4. Erläutere, warum Ausschüssen in der parlamentarischen Arbeit eine so große Bedeutung zukommt. (M3 und M4)
  5. Recherchiere, warum der "Untersuchungsausschuss" als "die schärfste Waffe des Parlaments" gilt.

M1: Der Abgeordnete des Deutschen Bundestages - rechtliche Stellung.

 

Die Bundeszentrale für politische Bildung gibt einen sehr guten Überblick über die rechtliche Stellung der Bundestagsabgeordneten;

 

 

"Artikel 38
(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

Freies Mandat

In der Bundesrepublik Deutschland gilt, wie in allen anderen repräsentativen Demokratien, der Grundsatz des freien Mandats. Die Abgeordneten gelten als Vertreter des ganzen Volkes. Sie sind daher nicht an Aufträge und Weisungen ihrer Wähler und ihrer Partei gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

Das Gegenteil des freien Mandats ist das imperative Mandat, wie es in den Ständeversammlungen bis ins 19. Jahrhundert hinein üblich war. Dort waren die Ständevertreter ihren Wählern Rechenschaft schuldig und konnten abberufen werden, wenn sie deren Weisungen nicht nachkamen. Ein imperatives Mandat führt dazu, dass Abgeordnete in allen Entscheidungen von der "Basis" abhängen. Sie müssen jedes Mal darauf achten, dass ihr Stimmverhalten die Zustimmung ihrer Wähler findet. Damit werden Kompromisse erschwert oder unmöglich gemacht.

Der Grundsatz des freien Mandats steht in einem Spannungsverhältnis zu der in Art. 21 GG verankerten Rolle der Parteien als wesentlichen Trägern der politischen Willensbildung. Im Parteienstaat ist das Parlament, so könnte man argumentieren, auch von der Verfassung her ein Parteienparlament. Abgeordnete, die als Angehörige einer Partei gewählt wurden, wären dann an die Anweisungen ihrer Partei gebunden. Dagegen schützt sie Art. 38 GG.

Das freie Mandat bedeutet nicht, dass Abgeordnete nach Belieben und ohne Rücksicht auf ihre Wähler, ihre Partei oder Fraktion abstimmen können. Es bewahrt sie jedoch davor, bei einem Konflikt mit ihrer Fraktion ihr Mandat zu verlieren. Das von den Grünen 1987 vereinbarte, aber bald gescheiterte "Rotationsprinzip" – ihre Abgeordneten sollten nach der Hälfte der Legislaturperiode ihr Bundestagsmandat niederlegen und Nachfolgern Platz machen – ist nur auf freiwilliger Basis erlaubt, ein Zwang wäre verfassungswidrig.



Artikel 46
(1) Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestage oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen. (2) Wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung darf ein Abgeordneter nur mit Genehmigung des Bundestages zur Verantwortung gezogen oder verhaftet werden, es sei denn, daß er bei Begehung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages festgenommen wird.

Artikel 47
Die Abgeordneten sind berechtigt, über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern. Soweit dieses Zeugnisverweigerungsrecht reicht, ist die Beschlagnahme von Schriftstücken unzulässig.


Rechte
Die Unabhängigkeit der Abgeordneten wird durch eine Reihe von Vorrechten geschützt, die im Grundgesetz verankert sind:

 

  • Indemnität: Abgeordnete dürfen nach Art. 46 Abs. 1 GG wegen ihres Abstimmungsverhaltens oder wegen Äußerungen im Bundestag – außer "für verleumderische Beleidigungen" – nicht verfolgt oder belangt werden. Die Indemnität dauert auch nach Beendigung des Mandats fort und kann nicht aufgehoben werden. Sie garantiert, dass Abgeordnete ihrem Gewissen folgen und von ihrer Redefreiheit Gebrauch machen können, ohne Nachteile befürchten zu müssen.

  • Immunität: Abgeordnete sind – zunächst – vor Strafverfolgung geschützt. Nach Art. 46 Abs. 2 GG dürfen sie für Straftaten nur dann zur Verantwortung gezogen werden, wenn der Bundestag dem zustimmt. Die Immunität besteht nur, solange die Abgeordneten ihr Mandat ausüben.

  • Zeugnisverweigerungsrecht: Abgeordnete brauchen nach Art. 47 GG über Personen, die ihnen vertrauliche Mitteilungen gemacht haben, keine Auskunft zu geben."

(Quelle: Pötzsch, Horst: Die Deutsche Demokratie. 5. überarbeitete und aktualisierte Auflage, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2009, S. 61-72.)

 

 


 

M2: Die Fraktion

 

Die Abgeordneten einer Partei im Parlament bilden eine Fraktion. Zur Bildung einer Fraktion ist eine Mindestzahl von Abgeordneten nötig. Im Bundestag sind es 5 Prozent [...]. Bleiben die Abgeordneten einer Partei unter dieser Fraktionsstärke, können sie sich zu einer Gruppe zusammenschließen und als solche durch Bundestagsbeschluss anerkannt werden. Sie haben nicht so weitreichende Rechte wie Fraktionen.

 

Die Fraktionen organisieren und steuern die Arbeit im Parlament. Sie besetzen entsprechend ihrer Stärke das Präsidium, den Ältestenrat und die Ausschüsse. Nur Fraktionen oder so viele Abgeordnete, wie es der Mindeststärke einer Fraktion entspricht, sind zu Initiativen berechtigt. Beispielsweise können sie Gesetzesvorlagen einbringen oder Große und Kleine Anfragen beim Präsidium einreichen. Diese Bestimmung verhindert, dass einzelne Abgeordnete mit einer Vielzahl von Anträgen oder Anfragen die Arbeit des Parlaments lahmlegen. Jeder Abgeordnete hat jedoch das Recht, ohne Beschränkung mündliche Anfragen zu stellen.

Die Fraktionen selbst sind straff organisiert. An ihrer Spitze steht der Fraktionsvorsitzende, zum Vorstand gehören seine Stellvertreter und die Parlamentarischen Geschäftsführer. Die Fraktionsvorsitzenden sind die einflussreichsten Abgeordneten; die der Regierungsparteien stimmen die politische Willensbildung von Fraktionen und Regierung aufeinander ab, der Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion ist im Bundestag Gegenspieler des Bundeskanzlers und oft Kanzlerkandidat der Opposition.

 

Die Parlamentarischen Geschäftsführer sorgen für den reibungslosen Ablauf der parlamentarischen Arbeit. Sie bereiten Sitzungen vor, planen die Tagesordnung und sorgen für Präsenz und Geschlossenheit ihrer Fraktionen. Die Fülle der Politikbereiche erfordert eine Arbeitsteilung in der Fraktion. Der einzelne Abgeordnete spezialisiert sich auf bestimmte Sachgebiete. In Arbeitskreisen und Arbeitsgruppen beraten diese Sachverständigen Gesetzesentwürfe und andere Anträge und bereiten die Entscheidungen vor. Die Fraktion folgt in der Regel den Vorschlägen ihrer Sachverständigen.
(Quelle: Pötzsch, Horst: Die Deutsche Demokratie. 5. überarbeitete und aktualisierte Auflage, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2009, S. 61-72.)

 


M3: Die Ausschüsse


Für den Bundestag als Ganzes gilt wie für die Fraktionen das Prinzip der Arbeitsteilung. Die eigentliche parlamentarische Arbeit wird in den Ausschüssen geleistet. Die Ausschüsse entsprechen den Arbeitskreisen und Arbeitsgruppen der Fraktionen. Deren Mitglieder sind meist zugleich die Vertreter ihrer Fraktionen in entsprechenden Fachausschüssen. In den Ausschüssen werden die Gesetzesentwürfe und sonstige Initiativen diskutiert und formuliert, um dann dem Plenum zur Beschlussfassung vorgelegt zu werden.

Die Ausschüsse tagen in der Regel nicht öffentlich. Daher kann dort ungezwungener und sachlicher debattiert werden als in den öffentlichen Sitzungen des Plenums. Auch die Ausschussmitglieder der Opposition haben so die Chance, einen erheblichen Einfluss auszuüben. Es gibt ständige Ausschüsse, die die gesamte Legislaturperiode über bestehen, und solche, die für eine bestimmte Aufgabe gebildet und nach deren Erledigung wieder aufgelöst werden, zum Beispiel "Untersuchungsausschüsse". In Art. 45, 45a GG ist festgelegt, dass Ausschüsse für Angelegenheiten der Europäischen Union, für auswärtige Angelegenheiten und für Verteidigung gebildet werden müssen. [...]

Die Arbeitsgebiete der meisten Ausschüsse entsprechen denen der Bundesministerien. Jedem Ministerium ist in der Regel ein Fachausschuss zugeordnet, zum Beispiel der Auswärtige Ausschuss dem Auswärtigen Amt und der Rechtsausschuss dem Bundesministerium der Justiz.

Einige Ausschüsse haben besondere Aufgaben, die nicht an ein bestimmtes Fachressort gebunden sind. Dazu gehören der Petitionsausschuss und der wichtigste und mächtigste Ausschuss, der Haushaltsausschuss. Er entscheidet über die Höhe der Geldmittel, die den einzelnen Ministerien und Behörden zugewiesen werden. Außerdem hat er ein Mitspracherecht bei allen Gesetzen, die mit Geldausgaben verbunden sind. Sein Vorsitzender ist traditionell ein Mitglied der größten Oppositionsfraktion.

 

(Quelle: Pötzsch, Horst: Die Deutsche Demokratie. 5. überarbeitete und aktualisierte Auflage, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2009, S. 61-72.)


M4: Arbeitsweise der Ausschüsse des Deutschen Bundestages